Zwangsmaßnahmen
- steffenduerr
- 14. Jan. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Hallo meine lieben Leser,
erstmal muss ich mich entschuldigen. Eigentlich hätte ich im Dezember zwischen Weihnachten und Silvester einen Beitrag schreiben wollen, aber es war so stressig dass ich leider nicht alles geschafft habe. Dafür kommt mein Blog eben jetzt raus.
Dieses mal möchte ich mich dem Thema Zwangsmaßnahmen widmen.
Was bedeutet es überhaupt einem Zwang ausgesetzt zu sein? Und ab wann spricht man denn davon Zwang auszuüben? Wie äußert es sich Zwang in einer Psychiatrie anzuwenden?
Das sind Fragen die ich versuche zu beantworten und mit denen ich mich beschäftigt habe.
Ich glaube jeder von euch kann sich unter dem Thema Zwang schon vorstellen wie man solchen ausüben kann und leider wird auch jeder vermutlich wissen wie es ist selbst schon einmal zu etwas gezwungen worden zu sein. Denkt nur einmal an eure Kindheit, wer hat nicht zu hören bekommen "Du isst erst auf" oder " Du räumst dein Zimmer auf, sonst darfst du nicht rausgehen". Das sind noch zwei Beispiele die in der Kindheit sehr schlimm sind, jedoch als Erwachsener schmunzelt man darüber. Jedoch symbolisieren diese beiden Beispiele sehr gut wie schnell Druck und Zwang ausgeübt werden kann.
Wenn ich mal versuche dieses Beispiel in einem Klinikalltag zu zeigen fällt dieses nicht schwer. Mir fällt eines der harmlosesten Gespräche zwischen Mitarbeiter und Patienten beim Mittag essen ein. Viele Mitarbeiter sagen Sätze wie "...wenn sie das noch aufessen scheint morgen die Sonne" oder "...na die letzten 3 Löffel schaffen Sie doch auch noch oder?". Das sind Sätze die jeder benutzt ohne dabei Druck oder Zwang ausüben zu wollen, jedoch können solch wenig bedeutsam wirkende Sätze schon massiv Druck ausüben und er Patient fühlt sich gezwungen aufzuessen, obwohl er eventuell schon satt ist. Ich hoffe ihr versteht mich hier nicht falsch, ich fordere euch nicht auf solche Sätze nicht mehr zu nutzen bzw. nutze ich diese Sätze auch regelhaft. Aber versucht mal eine Veränderung eurer Position, ihr liegt im Bett und hört diese Sätze. Manche denken jetzt vermutlich, ach dass sind doch ganz normale Sätze, aber es gibt viele Menschen die sich davon unter Druck gesetzt fühlen.
So und nun stellt euch vor ihr habt eine psychische Erkrankung und lasst euch in einer Psychiatrie aufnehmen. Ihr betretet zum ersten Mal solch eine Station und habt vorher in den Nachrichten nur negatives über Psychiatrien gehört bzw. gelesen. Ihr kommt auf die Station, die Tür hinter euch schließt sich und ihr hört nur das Geräusch des Abschließens. Also ich habe solch eine Situation schon mehrfach erlebt und dabei ist es dann auch egal ob der Mensch zum ersten Mal oder zum 20ten Mal in der Klinik ist. Dieses Gefühl plötzlich gegen den eigenen freien Willen eingesperrt zu werden ist schrecklich. Ich kann da selbst nur aus eigener Erfahrung erzählen. ich habe im Rahmen meiner Fachweiterbildung ein Praktikum in einer forensischen Klinik absolviert, also dort wo Menschen die eine psychische Erkrankung haben und eine Straftat begangen haben untergebracht werden. Dort sind die Türen alle immer verschlossen und um das Gelände war ein sehr hoher Zaun mit Natodraht versehen und ich konnte mich dort nicht so frei bewegen wie die anderen Mitarbeiter. Ich habe mich ganz schnell unwohl gefühlt und wollte eigentlich nicht dort weiter mein Praktikum absolvieren. Ich hatte allerdings noch das Glück dass ich fragen konnte ob man mir die Tür aufschließen würde und es wurde gemacht. Die Patienten hatten nicht dieses Glück.
Ich glaube dieses Beispiel beschreibt ganz gut wo bereits Zwang ausgeübt wird und vor allem ist vielen Menschen gar nicht bewusst wie sehr und schnell sie selbst Zwang ausüben. In der Psychiatrie ist das ausüben von Zwang ab und an leider sehr präsent, zum Beispiel wenn ein Mensch gegen seinen Willen im Rahmen des Eigen- oder Fremdschutzes fixiert werden muss. Diese Vorgänge findet kein Mitarbeiter in einer Psychiatrie schön und der der diese Art und Weise wie dort ein Mensch mechanisch eingeschränkt wird als positiv oder angenehm empfindet ist meiner persönlichen Meinung nicht geeignet in einer Psychiatrie zu arbeiten.
Ich hoffe ich konnte euch einen kurzen, aber prägnanten Eindruck zum Thema Zwang geben und freue mich wie immer über Rückmeldungen eurereseits.
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